Dienstag, 25. Februar 2014

Gedanke: Würden Sie einen Blinden nach dem Weg fragen?

Es ist immer wieder aufs Neue erheiternd, wenn ich Leuten den Weg durch Wiesbaden erkläre oder zeige. Die Vorstellung, dass ein Blinder wissen könne, wie man vom Landtag zu Karstadt kommt, geschweige denn wie man vom Kurhaus am Schnellsten das Luisen-Zentrum findet, scheint für viele Menschen schlicht absurd. Und wenn der Blinde dann den Weg auch noch in jedem Detail kennt, dann ist alles vorbei. Und dabei verrate ich längst nicht alles, was ich über die Route weiß, und wozu auch.

Das Ironische dabei ist, dass ich mich als Blinder aus purer Notwendigkeit im Straßengewirr unserer Mini-Großstadt natürlich sehr viel besser auskennen muss als sehende Menschen. Ich habe nicht den Luxus, Schilder zu lesen oder die Ringkirche an ihrem Turm zu erkennen. Ich muss den Weg haarklein zusammensuchen, oder ich lande irgendwann versehentlich am Hauptbahnhof.

An meiner Straßenecke hatten wir dazu mal einen guten Lacher. Ich fragte gerade einen Freund, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn wir bei der Post vorbeischauen. Er antwortete, er wisse aber nicht, wo die ist, woraufhin Umstehende sofort begannen, den Weg zu erklären. Die Hilfsbereitschaft lächelnd ignorierend, sagte ich nur "macht nix, ich schon". Und die halbe Straße schien vor Lachen auf dem Boden zu liegen.

Wenn ich irgendwann mal selbst auf der Straße angehalten werde mit der Frage "Wo gegt's denn hier zum Kochbrunnen", dann weiß ich, dass wir gesellschaftlich auf dem richtigen Weg sind.

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